Reischdorf (Rusová) - Die Geschichte
Beigetragen:
Zdena Binterová(
Übersetzung: Gerhard Stübiger und Kollektiv VÚHU unter der Leitung von Ing. Eva Lahodná)Reischdorf lag am Gebirgskamm des Erzgebirges, 11,8 km nordwestlich von Kaaden und 0,5 km südöstlich von Preßnitz. Das Dorf lag auf einer Seehöhe von 730 bis 824 m. Der höchstliegende Ort war der Bahnhof. Reischdorf war ein langes Dorf, das entlang eines Baches und der Straße nach Weipert lag. Im oberen Teil der Ortschaft hat sich diese Straße geteilt - eine Straße führte nach Wernsdorf und die zweite hat sich oberhalb der Ortschaft Reischdorf wieder gegabelt. Eine Straße führte nach Komotau und die zweite über Wohlau nach Brunnersdorf. Der Kataster der Gemeinde betrug 952 Hektar. Eine imaginäre Linie zwischen der Nummer 41 und der gegenüberliegenden Nummer 127 teilte die Gemeinde auf die untere Gemeinde (von der Weggabelung nach Preßnitz) und die obere Gemeinde (von der Weggabelung zum Bahnhof). Es ist ersichtlich, dass die Gemeinde eine gute Straßenverbindung hatte und seit 1872 auch einen gemeinsamen Bahnhof mit Preßnitz, der auf der Eisenbahnstrecke Komotau - Weipert lag. Obwohl die ganze Gemeinde dem Bau des Wasserbeckens Preßnitz weichen musste, steht der Bahnhof bis heute.
Wann genau Reischdorf entstand, ist nicht bekannt. Es wird jedoch am häufigsten angeführt, dass das Reuzendorf und später Reischdorf zum ersten Mal im Jahr 1367 erwähnt wurde. Der tschechische Namen, der aus dem ersten Teil des deutschen Namens (Reusze, Russe-) entstand, wird seit 1948 benutzt. Einige Autoren wenden ein, dass im Jahr 1367 die Gemeinde Reischdorf noch nicht existieren konnte, weil sie in der Liste der Gemeinden, die zur Herrschaft Hassenstein gehören, nicht angeführt ist. Es ist aber sicher, dass sie im Jahr 1490 schon eine längere Zeit existierte, weil sie im Besitz, um den sich drei Brüder des gestorbenen Jaroslav Hassenstein von Lobkowitz teilten, angeführt war.
Es ist also vorauszusetzen, dass Reischdorf im Zusammenhang mit der Bergbautätigkeit entstand. Das Vorkommen von Eisenerz bei Reischdorf und auch die Zeche Martin sind belegt. Eine bestimmte Rolle spielten bei der Gründung von Reischdorf auch Fuhrmänner, die das Eisenerz weggeschafft haben und Material für die Zeche und die Schmelzerei brachten.
Reischdorf gehörte ursprünglich zur Herrschaft Hassenstein und seit 1533 zur Herrschaft Preßnitz, dementsprechend wechselten sich auch die Besitzer des Dorfes ab. Laut der Liste der Bauern und der Untertanen aus dem Jahr 1553 waren in Reischdorf 72 Haus- und Grundbesitzer, die Steuern gezahlt haben. Insgesamt konnte Reischdorf 400 Einwohner haben. Der Vergleich mit Weipert - wo 42 Häuser waren, und Schmiedeberg mit 17 Häusern - zeigt, welche Bedeutung Reischdorf damals hatte. Seit 1546 waren in Reischdorf Gerichtsbücher geführt, in die der Kauf und Verkauf von Häusern, Gerichtsverfahren vor dem Dorfrichter und weitere interessante Ereignisse eingetragen wurden. In dieser Zeit war die Bevölkerung protestantisch, nach 1620 wurde sie hart rekatholisiert.
Vom Dreißigjährigen Krieg war Reischdorf bis 1631 nur gering betroffen. Dann zog über Reischdorf ein Heer nach dem anderen und das Dorf wurde vollkommen ausgeplündert.
Gemäß der Steuerrolle aus dem Jahr 1654 waren in Reischdorf 30 Bauern, davon 18 Fuhrmänner, 1 Schankwirt und zwei Bauernhofe waren leer. Ferner lebten hier 42 Häusler, davon 5 Fuhrmänner und 15 Häuser waren leer.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg begannen sich die Verhältnisse zu beruhigen, im Jahr 1659 war in Reischdorf schon ein Lehrer tätig. Die Erhöhung der Fronarbeit führte im Jahr 1680 zum Aufstand, an dem auch die Ortschaft Reischdorf teilnahm. Der Aufstand wurde jedoch bald bezwungen.
Nach dem Rückgang des Bergbaues, den der Dreißigjährige Krieg vollendete, wurde versucht, den Bergbau zu erneuern, im Jahr 1712 wurde sogar die Zeche Martin wieder eröffnet. Die Förderung hatte aber keine lange Dauer und die Leute waren gezwungen, andere Unterhaltsquellen zu suchen. Die Fuhrmänner mussten lernen, statt Erz und Holz andere Waren zu frachten.
In Reischdorf hat sich auch die Spitzenklöppelei verbreitet, bei der Kinder ab 10 Jahre helfen mussten. Die Männer waren meistens außerhalb der Ortschaft, entweder als Fuhrmänner oder Musikanten tätig, so dass die gesamte Arbeit im Haushalt auf Schultern der Frauen und der Kinder blieb.
Im 18. Jahrhundert brach in Reischdorf zweimal Hungersnot aus, wobei 150 Leute starben. Danach wurde befohlen, in Reischdorf Kartoffeln auszupflanzen, die bisher (bis 1772) nur in einigen Herrengärten im Gebirgsvorland angebaut wurden.
Bei der Umnummerung der Häuser unter der Regierung von Maria Theresias, hatte Reischdorf 198 Hausnummern. Im Jahr 1746 waren in Reischdorf 27 Fuhrmänner, 60 Sackförderer, 2 Weber, 1 Pferdeknecht, 1 Gemeindehirt, 1 Bote und 15 Untertane. Die Sackförderer fuhren auf ihren Pferden Getreide vom Tiefland in die Berge.
Das erste Schulgebäude wurde im Jahr 1761 erbaut. Im Jahr 1689 wurde die gotische Friedhofskapelle des Heiligen Martin aus dem 15. Jahrhundert im Barockstil umgebaut und auf die Filialkirche erhöht. Im Jahr wurde der Ortschaft Reischdorf ein Priester zugeteilt.
Die Stellung der Untertanen auf dem Besitz Preßnitz hat sich erst im Jahr 1777 verbessert, als hier die Fronarbeit abgeschafft wurde und die Grundstücke in den Besitz der Untertanen übergangen. Das Fuhrwesen erreichte in dieser Zeit seine Blüte. Man fuhr weit nach Europa und einige Fuhrmänner waren wirklich reich.
Während der napoleonischen Kriege litt auch Reischdorf nicht nur dadurch, dass durch die Ortschaft hunderttausendköpfige Armeen zogen, aber auch wegen des Verbotes der Fahrt der Fuhrmänner ins Ausland, was ihr Geschäft wesentlich verminderte.
In Jahr 1850 wurden die Gemeinden selbständig und gewannen eine bestimmte Unabhängigkeit von der Obrigkeit. Die Einnahmequelle der Gemeinde war die Torfgewinnung im nördlichen Teil des Katasters der Gemeinde und das Holz aus dem Gemeindewald, wo die Stämme einen Umfang bis zu 1 m hatten. Die Inbetriebnahme der Eisenbahn im Jahr 1872 hatte zwar wesentlich die Verkehrsmöglichkeiten verbessert, bedeutete auch das Ende der großen Reisen hiesiger Fuhrmänner. Im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme der Eisenbahn wurde in Reischdorf das Postamt geöffnet, zu dem auch die Dörfer Pöllma, Neudörfel, Laucha und Tomitschan gehörten. Im Jahr 1875 wurde in Reischdorf eine neue Schule mit vier Klassen gebaut. Im Jahr 1874 wurde im unteren Teil von Reischdorf ein neuer Friedhof errichtet, der alte Friedhof wurde liquidiert und an seiner Stelle wurde ein Kriegsgefallenendenkmal erbaut. Es wurde auch ein Ziegelwerk gebaut, das aber bald wegen Mangel an geeignetem Ton einging. In schriftlichen Berichten vom Ende des 19. Jahrhunderts kann man auch über den erfolgreichen Anbau von Kraut, Fertigung von Holzgeschirr und hausgefertigten Spitzen lesen.
Im Jahr 1901 wurde Reischdorf zum Marktflecken und das war auch im Jahr 1906 der Hauptgrund für den Bau eines neuen Rathauses im unteren Teil von Reischdorf. Aber schon im Jahr 1910 wurde im oberen Teil von Reischdorf ein noch größeres Rathaus gebaut und das erste Rathaus wurde zum Armenhaus. Im Jahr 1911 wurde in Reischdorf eine Wasserleitung erbaut, die jedoch wegen Streitigkeiten zwischen dem oberen und unteren Teil von Reischdorf nur im unteren und mittleren Teil der Gemeinde installiert wurde. Die elektrische Beleuchtung wurde nach Reischdorf im Jahr 1921 von Sachsen geführt.
In den Jahren 1935-39 wurde in Reischdorf eine neue moderne Kirche gebaut, die dem Heiligen Martin geweiht wurde. Die alte Kirche wurde im Jahr 1945 eingerissen. Wegen der schönen Umgebung und tiefen Wäldern wurde Reischdorf Ziel vieler Wanderungen der Einwohner von Komotau aber auch der Bewohner von Sachsen. Zu dieser Zeit waren hier 20 Gaststätten, 5 Tanzsäle und 10 Fleischereien. Die größte Gaststätte war die Gaststätte Stadt Leipzig, wo manchmal auch eine professionelle Theatergruppe übernachtete.
Im Rahmen des Baues des Wasserwerkes Preßnitz war es notwendig, die Gemeinde völlig abzureißen. Mit dem Abbruch begann man im Frühling 1973. Vor dem Abbruch musste man um die Aufhebung des Denkmalschutzes für die Objekte NC 60, 105, 132, 144, 240, 256, 279, 270, das Haus bei der Hausnummer 60 und das Erholungsheim Racek erlassen. Die Barocksäule mit der Statue des Guten Hirtens aus dem Jahr 1715 wurde in die Ortschaft Sebastiansberg verlegt und die zweiseitige Statuengruppe der Heiligen Familie, die beim Weg nach Preßnitz stand, wurde auf den Friedhof in Weipert versetzt.
Eingegeben: 15.4.2005