Neudorf an der Biela (Nové Sedlo nad Bílinou) - Die Geschichte
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Zdena Binterová(
Übersetzung: Gerhard Stübiger und Kollektiv VÚHU unter der Leitung von Ing. Eva Lahodná)Neundorf a. d. Biela, auch Neudorf a. d. Biela lag 8.5 km südöstlich von Komotau und 4 km östlich von Görkau auf einer Seehöhe von 257 m N. N., fast an der Ostgrenze unseres Landkreises. Der Gemeindekataster hatte ein Ausmaß von 450 ha. Nach dem ältesten lateinisch verfassten Dokument aus dem Jahre 1352 ließ sich bei NOVA VILLA (ein neuer Hof, ein Dorf) vermuten, und dass dieses Neue Dorf in der Nähe einer alten Ansiedlung entstand. Es würde dies auch die Sage bestätigen, dass nach einer Epidemie sich die Überlebenden entschieden, eine neue Siedlung aufzubauen.
Die Bezeichnung hat sich im Laufe der Jahrhunderte reichlich geändert: Nouauilla, Newendorff, Nowindorff, Nowe Sedlo, Novasello, Neudorf auch Neundorf und die Amtliche Bezeichnung vom Jahre 1854 war Novosedly und Neundorf.
Das Dorf musste viel früher entstanden sein als die erste Nachricht von seiner Existenz, spätestens anfangs des 13. Jahrhunderts. Das ursprüngliche romanische Portal, das beim späteren Umbau der hiesigen Peter und Paul Kirche erhalten blieb, datierten die Archäologen in die Zeit um 1230. Auch die Nachrichten vom Lehensgut der Brüxer Burg sprechen von Neundorf.
Neundorf bestand aus zwei Teilen, die durch das Bielaflüsschen geteilt waren. Am linken Ufer stand die Feste und über ihr, dem Pfarrhof gegenüber, die schon erwähnte Kirche. Das war der herrschaftliche romanische Kern von Neundorf. Am flachen rechten Ufer befand sich der landwirtschaftliche Dorfteil mit dem Dorfplatz, in Richtung zum Übergang über das Flüsschen. Dieser Ortsteil entstand später, erst im 14. Jahrhundert.
Die Feste, die im Areal des späteren Meierhofes, der Brauerei und des Gartens stand, befand sich im Jahre 1620 nach der Anwesenheit kaiserlicher Soldaten in sehr schlechtem Zustand und der dreißigjährige Krieg hatte diesen noch mehr vernichtet. Der erste bekannte Eigentümer war Otto von Berg, um 5 Jahre später waren es die Brüder Hans und Heinrich Gablonc. Dann wechselten die Besitzer und erst die Herren von Ocelovic besaßen Neundorf ganze 150 Jahre, seit dem Jahre 1452. Nach und nach kauften sie das Lehensgut Ojes dazu und dann Kaitz und kurz vor dem Jahre 1577 wurde hier ein Meierhof errichtet und sein ältester Teil war, ein renaissancer Turmbau im Nordteil.
Im Jahre 1603 kaufte Neundorf Bohuslav d.Jüngere von Michalovic, Herr auf Seestadtl. Zu seiner Zeit wurde im Jahre 1608 Seestadtl aus dem Lehensgut Brüx entlassen. Nach der Niederschlagung des Ständeaufstandes war Bohuslav von Michalovic einer der Direktoren, hingerichtet worden und sein Besitz samt Neundorf wurde beschlagnahmt und im Jahre 1622 an Wilhelm den Jüngeren von Lobkowitz verkauft.
Im Jahre 1654 lebten hier 6 Bauern, von denen einer eine Mahlmühle mit 2 Rädern hatte, einer hatte ein Wirtshaus, aber das brannte ab, wie später auch ein Bauernhof. Von 25 hiesigen Häuslern war einer ein Schuster, 9 Häuschen waren öde und drei waren Brandstätten. Es existierte auch schon ein herrschaftliches Bräuhaus.
Im Jahre 1644 brannte die Pfarrei nieder und mit ihr verbrannte auch eine Reihe wichtiger Dokumente. Sie wurde im frühbarocken Stil wieder aufgebaut und das bei der Erweiterung und dem Umbau der Kirche zu Peter und Paul im Jahre 1701. Die Einfahrt in den Pfarrhof schmückte bis in die letzten Tage ein mächtiges barockes Tor. Um das Jahr 1670 baute Albert Felix von Lobkowic in der Nahe der ehemaligen Feste ein einstöckiges Schloss, in dem die Verwaltung der Herrschaft Neundorf - Eisenberg untergebracht war. Um das Jahr 1840-41 brannte sie auch mit dem anliegenden Gehöft nieder.
Im Jahre 1816 wurde Ferdinand von Lobkowic Eigentümer. Um das Jahr 1845 ließ er auf der Brandstätte des Schlosses ein neues Schloss errichten, ebenfalls wieder für die Beamten der Herrschaft Es war dies ein einstöckiger, im Winkel errichteter Bau.
Im Jahre 1850 wurden die Gemeinden selbstständige Verwaltungseinheiten und zur Herrschaft gehörten nur die Meierhöfe und Grundstücke.
Die Schwierigkeiten mit dem Wasser, die die Gemeinde schon lange bedrückten, löste erst die Wasserleitung aus der Moritztalsperre, das heutige Eisenberger Becken. In den Jahren 1902-04 ließ sie Fürst Moritz von Lobkowitz errichten. In Neundorf führte das Ende der Rohrleitung in einen 36 m hohen Wasserturm. Die Wasserleitung versorgte auch die hiesige Bierbrauerei und die Molkerei, die 1893 - 94 erbaut wurde Weitere hiesige Unternehmen waren in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Spiritusbrennerei, die ausschließlich an Juden verpachtet wurde und eine Ziegelei.
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts begann hier auch der Kohlenbergbau. Auf dem Neundorfer Kataster war zwar nur der Ferdinandschacht des Fürsten Lobkowic, aber in der Umgebung gab es mehrere Schächte. Die Einwohner befassten sich deshalb ständig mehr mit dem Bergbau, obgleich vorher die Haupternährungsquelle die Landwirtschaft war. Zu Ende des 19. Jahrhunderts gab es hier auch 29 selbständige Handwerker, 4 Mühlen, 2 Handelsgeschäfte, eine ständige Brauerei und eine Molkerei.
Eine Schule gab es hier seit dem Jahre 1760, die von Kindern aus Kaitz, Wurzmes und Pahlet besucht wurde. Im Jahre 1893 war die Schule schon 3-klassig. Nicht nur in Seestadtl aber auch hier mussten die Tschechen, derer hier im Jahre 1921 schon 437 waren, sehr hart um die tschechische Schule kämpfen.
Der Ort gehörte zur Post in Seestadtl, ein eigenes Postamt wurde hier erst 1959 eröffnet.
Der Meierhof, der den Lobkowitzern von den Deutschen beschlagnahmt wurde, übernahm nach der Befreiung wieder der ursprüngliche Eigentümer, aber 1948 wurde er wieder beschlagnahmt. Die Brauerei war bis 1949 im Betrieb, dann übernahm das Inventar die Brauerei Laun und die Verwaltung der Mälzerei, die hier verblieb, übernahm die Brauerei Brüx.
Amtlich wurde Neundorf a. d. B. erst 1975 aufgelöst und sein Kataster wurde der Gemeinde Wurzmes zugeschrieben. Vorher wurde aus der Südwand der Peter und Paul Kirche das romanische Portal sorgfältig herausgenommen und zerlegt und zur vorläufigen Aufbewahrung in die St. Katharinenkirche nach Komotau gebracht. Die Barockplastiken wurden nach Reichenberg überführt, das Sühnkreuz zur Eidlitzer Kirche.
Eingegeben: 15.4.2005